Good, old Schmelzer – 3. As-Weibchen des Verbandes, 9. Jährigenmeister des Verbandes, 1. Regionalverbandsmeister im Regionalverband 401 usw.
Schwere, schwarze Schauerwolken ziehen über die Verkehrsader des Reviers. Immer wieder verschmiert die Windschutzscheibe mit salzigem, schmierigem Belag. Ein trauriger, dunkler Wintertag, kurz nach der Verbandsausstellung. Dann, in Recklinghausen, bricht kurz eine tief stehende, grelle Sonne durch das dichte Wolkenband und verzaubert die Landschaft mit einem goldenen Glanz. Klaus Schmelzer macht gerade mit seinem Freund Wolfgang Schwarzenberg die Schläge im Hinterhof der früheren Zechenhauskolonie sauber. Über 60 Jahre lang aktiver Taubenzüchter, ehemaliger Steiger auf fast allen heute geschlossenen Ruhrzechen ist Klaus Schmelzer unter den Insidern der Taubenszene im Revier bekannt wie ein bunter Vogel. Niemand hat einen schöneren Schnauzbart! Erst vor wenigen Tagen hat man den gesamten Bestand verpaart, keine lange Winterpause, die neue Saison ruft.
Die „Queen“ von Recklinghausen ist die Täubin Belg-17-63411180, sie wird 3. As-Weibchen des Verbandes, fliegt von 14 Einsätzen 13 Preise, darunter den 1. Konkurs von Osterhofen (534 km) im Regionalverband 401 gegen 4139 Tauben (in der Zone den 2. gegen 11462 Tb.). Schmelzer macht auf diesem Flug im Regionalverband den 1., 2. und 3. Konkurs. Auf Osterhofen 2 macht die Täubin den 10. im RegV gegen 3138 Tauben, auf Wels (629 km) den 51. gegen 1692 Tauben im RegV. „Nancy“ wurde diese Belgierin von dem Züchter Oliver Geyskens aus Veerle-Laakdal in Belgien getauft. Ihr jetziger Wohnort liegt irgendwo im Reich des Lächelns. Mit „Nancy“ und weiteren vorbenannten Tauben wurde Klaus Schmelzer 9. Jährigenmeister des Verbandes. Weiter im Verband 36. Deutscher Verbandsmeister, 33. As-Weibchen mit der Nr. 32. Dann 1. Deutscher Verbandsmeister im RegV 401, 1. Regionalmeister RegV 401, 1. Jährigenmeister RegV 401, 1. Weitstreckenmeister RegV 401, 2. Regional-Weibchen-Meister RegV 401, 6. Ruhrgebietsmeister, 3. bestes jähriges Weibchen im Ruhrgebiet.
Diese Ergebnisse zeigen: Es wurde auf den 11 Flügen des Regionalverbandes hervorragend gespielt, richtig vorbenannt und eine Siegermannschaft herauskristallisiert, die verlässlich bis zum Saisonende ihre Preise flog. Das war schon super, dagegen muss man komischerweise auf der untersten Ebene, der RV, Abstriche machen. Hier waren die Ergebnisse eher durchschnittlich (Highlights: 1. RV -Jährigenmeister, 1. Asweibchen, beste Taube der RV). Aber so geht’s auch. Stark spielen in großer Konkurrenz, eher zurückhaltend auf lokaler Ebene.
Et rappeln de Pannen (03835)
Klaus Schmelzer spielt nur mit Weibchen. Die Saison begann er mit 46 Reiseweibchen. Die Vögel blieben zu Hause. Auf dem Endflug von Wels hat er noch 16 Weibchen eingesetzt. Warum nur Weibchen? Tendenziell hält er sie für flugstärker, geeigneter für Spitzenpreise. Gegen die totale Witwerschaft wendet er ein, dass die Vögel durch möglicherweise fehlende Partnerin bei der Ankunft demotiviert werden. Da helfen auf Dauer auch keine „Empfangsdamen“. Das beste Argument für die eigene Methode ist sicherlich der Erfolg, den seine Weibchen eindrucksvoll errungen haben. In der RV Recklinghausen-Süd (34 reisende Schläge), die gerade einmal eine West-Ost Ausdehnung von 6,9 km und eine Nord-Süd Ausdehnung von 10,9 km hat (wo gibt es das sonst noch?), ist zu beobachten, dass insgesamt sehr viele Weibchen von den Züchtern gespielt werden. Die Zahlen der Weibchen erreichen nicht ganz die Zahlen der Vögel. Der Tag ist nicht weit, dass mehr Weibchen als Vögel geschickt werden. Klaus Schmelzer hat seine Weibchen so organisiert, dass sie zweimal am Tag zum Training in einem Versorgungsgang an dem Zellenschlag der Vögel vorbeigetrieben werden und Blickkontakt zu den Vögeln und ihrer Zelle haben. Eine doppelte, kleine Motivation jeden Tag.
Mitte / Ende März kommen die Tauben zum ersten Mal nach draußen. Dadurch halten sich die Verluste durch Greifvögel in Grenzen. Nach 7-10 Tagen macht Klaus dann seinen ersten Trainingsflug aus einer Entfernung von 15 Kilometern. Dann noch ein zweiter aus 20 km, das wär’s dann, was das eigene Training betrifft. Während der Saison grundsätzlich keine eigenen Trainingsflüge, außer der Situation, dass die Tauben nach einem sehr schweren Flug (unter 1200 m/m) wieder Tritt fassen sollen. Dann bringt er sie schon einmal auf 60 km weg. Vor dem Einsetzen dürfen die Weibchen eine ganze Stunde mit den Vögeln zusammen sein. Ab Mitte der Saison geschieht dies samstags morgens zwischen 6 und 7 Uhr. Danach wird wieder getrennt, die Weibchen werden gefüttert und dürfen baden und werden dann ganz entspannt am Nachmittag eingekorbt. Sie erhalten einen Tropfen Forma Drops ins Auge. Falls dieser Tropfen nicht richtig vom Auge aufgenommen wird, wird er durch SAS Nasentropfen ersetzt. Während der Flüge wird Mineralwasser vom Discounter in die Tränken gefüllt, da Klaus dem Wasser aus der Leitung nicht so richtig traut. Sein Hund, der leider verstorben ist, hatte dies immer verweigert und lieber auf der Terrasse das Regenwasser von den Fliesen abgeleckt.
In Fütterungsfragen hat Klaus auch sein persönliches Konzept. Grundsätzlich wird anfangs der Woche etwas leichter und am Wochenende etwas schwerer gefüttert. Klaus vertraut seit Jahren den Mischungen der Fa. BEYERS. 7 Sorten aus dem Beyers-Futterprogramm werden bedarfsgerecht selbst gemischt. Hierzu zählen die Vandenabeele, Jan Keen, Zoontjes Gelb, Super-Diät und Säuberungsmischung ergänzt um Hanf und Sämereien. Das Mischungsverhältnis richtet sich nach den Flugentfernungen und -verläufen. Bis 300 km wird von jeder Beyers-Mischung jeweils ein Teil zusammengemischt. Von 300km bis 500km von den Vandenabeele- und Jan Keen Mischungen jeweil 2 Teile und von den anderen jeweils 1 Teil. Ab 500km Vandenabeele- und Jan Keen Mischungen jeweil 3 Teile und von den anderen jeweils 1 Teil. An den Einsatztagen gibt es in einer 1 zu 1 Mischung Säuberungsmischung und Zoontjes Gelb. Wichtig sind ihm auch Elektrolyte, die er nach einem Flug und vor einem weiten Flug einsetzt. Bei der Behandlung der Trichomonaden und der Ornithose verlässt er sich auf den Rat von Dr. Peeters.
Ein gut bestückter Zuchtschlag
Zwischen Blech, Stein, Beton und Kaminen ist der kleine Garten von Klaus Schmelzer eine veritable Oase der Leidenschaft und der Freude. Sinnvoll angeordnete Schläge, farblich schön gestaltet, dazwischen stilvoll eingeordnete Grünpflanzen, eine geräumige Holzhütte für zahllose glänzende Pokale und Treffpunkt von Sportfreunden aus dem In- und Ausland. Und das hat Klaus in vielen Jahren alles mit den eigenen Händen geschaffen! Hier trifft er auch an jedem Flugtag als Flugleiter die Entscheidung über den Auflass der Tauben. Jedes Jahr führen seine Wege ihn mehrmals nach Belgien. „Mein Auto fährt schon alleine nach Belgien“, sagt er scherzhaft. Einerseits um nach neuen Tauben zu suchen, andererseits um alte Bekannte zu treffen. Mittlerweile ist er sogar des Flämischen einigermaßen mächtig. Eine tolle Entwicklung für jemanden, der sein Arbeitsleben lang als Steiger auf den Ruhrzechen gearbeitet hat. Auslöser dieser Reiselust war das Weibchen B-82-6575847, welches sich im Jahre 1982 in seinen Schlag verirrte. Der Züchter dieser Taube, Edwin Verstappen aus Booischot, ist seitdem ein vertrauter Freund von Klaus geworden und es verwundert nicht, dass ein hoher Anteil von Verstappen-Tauben die Volieren in Recklinghausen bewohnt. Auch Remy de Mey hat seinen Stamm mit Verstappen aufgebaut. So wurde unter anderem im Jahre 1990 ein Sohn aus der „Paula 5000“ von Remy de Mey erworben. Auch bei Gaston van de Wouwer aus Berlaar klopfte Klaus an und kaufte zehn Jungtauben. Alle von fremden Schlägen erworbenen Tauben müssen bei Klaus auf der Reise ihren Wert beweisen. Bei den zehn Jungtauben war ein Vogel dabei, der auf Brive (Südwest) 2004 den 1. Konkurs gegen 15.800 Tauben flog. Eine zweite Taube der 10er-Gruppe kam als 8. im Klassement der 15.800 Tauben in Recklinghausen an. Ein unvergessliches Erlebnis für den Recklinghausener! 2003 wurden Tauben von Theo Yskout, 2004 von Louis Adriaenssen und 2012 von Dirk Vervoort gekauft. Aus diesen Zuchttauben und aus wenigen Reisetauben werden jedes Jahr bis zu 70 Jungtauben auf dem ersten Flug an den Start gebracht. Auch das Spiel mit dem Nachwuchs wird professionell angegangen. Verdunkelt wird bis Ende Mai von 18.00-8.00 Uhr und belichtet wird ab 14 Tagen vor dem ersten Preisflug von 20.00-22.30 Uhr und von 5.00-8.00Uhr. Vor dem ersten Flug werden die Jungen dreimal privat trainiert, und Klaus hofft immer, dass die Jungtauben an einem Flug ab 300 km teilnehmen können.
Die Stammmutter des Schlages ist die B-10-6340556, fahl ohne Binden (siehe Foto) von Verstappen. Aus ihr stammt die Täubin „130“, die von den Besuchern der Verbandsausstellung zur 3. Superstartaube gewählt wurde. Die Stammmutter hat Klaus nur unter der Bedingung bekommen, jedes Jahr die ersten beiden Jungen aus ihr an Verstappen abzugeben.
Eine kuriose Geschichte
Wir sprachen darüber, dass die Tauben hier im Ruhrgebiet sich häufig an den vielen Autobahnen bei ihrem Heimflug orientieren. Dazu konnte Klaus eine interessante Geschichte beitragen. Er war mit seinen Jungtauben zu einem privaten Trainingsflug, zusammen mit seinem Freund Wolfgang Schwarzenberg, unterwegs. Während der Rückfahrt auf der Autobahn sagte Klaus plötzlich zu Wolfgang “ Guck mal da, sind das nicht unsere?“ Auf der linken Spur flog ein Taubenschwarm. Schön bunt und mit Warnfarben versehen. „Das sind unsere!“ Und tatsächlich hielt der ganze Schwarm mit dem Auto mit. Bei Brücken gingen sie hoch, dahinter wieder runter. „Ich kann da nicht hinschauen, wenn ein LKW auf der Gegenseite kommt!“ Doch nichts ist passiert, und die Tauben waren natürlich eher zu Hause. Sie orientieren sich scheinbar doch an Autobahnen. Rückschläge hat es auch gegeben. 2008 konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht geschickt werden. 2015 eine Krebserkrankung mit all ihren Begleiterscheinungen. Vor zwei Jahren ein schwerer Bandscheibenvorfall mit Operation. Wären da nicht gute Freunde gewesen, die sich um seine Tauben gekümmert hätten, es gäbe vielleicht den Schlag Schmelzer nicht mehr. Doch für 2019 ist alles gut, und 2018 war das beste Jahr.
Noch einmal „Nancy“
Verletzte Tauben werden von Klaus sorgfältig gepflegt. Er wagt sich an schwierige Aufgaben heran. So schient er gebrochene Beine, legt sie sogar in Gips oder näht eine vom Greifvogel zerfetzte Taube wieder zusammen. Er hat extra eine kleine Krankenstation, wo er sich liebevoll um seine Patienten kümmert. Wie viele Taubenzüchter machen so etwas schon? Was daraus werden kann zeigt das Beispiel „Nancy“, sein 3. As-Weibchen des Verbandes. Nancy humpelte, aber es war nichts zu sehen. Du fliegst ja nicht mit den Beinen sondern mit den Flügeln, also kannst du mit zu Vortour. So dachte Klaus. Doch Nancy kam nicht zurück. Wenig später, ein Anruf von einer Dame. Da sitze eine Taube auf der Hollywoodschaukel und kackt alles voll! Die Dame wurde überzeugt, die Taube zu fangen und in den Katzenkäfig zu sperren. Abends holte Klaus sie ab. Bei genauerer Untersuchung stellte er fest, dass sie vorne am Brustbein eine kleine Schwellung hatte. Klaus seine Diagnose: Bluterguss in der Muskulatur, 14 Tage Pause. Danach flog sie als Jungtaube 8 Preise mit freien Wettflügen und jährig 13 von 14 Flügen und wurde 3. nationale As- Täubin. So sind manchmal die Geschichten im Taubensport.
Wenige Tage vor meinem Besuch stand die Schlaganlage in Recklinghausen Kopf! Ein Bus, voller Taiwanesen und Chinesen, stand vor dem Haus. Grüße vom Verband, der gerne auf Klaus Schmelzer und seine Tauben zurückgreift, wenn ausländische Gäste unterhalten werden müssen. Alles ging gut, natürlich bewunderten die Damen der Delegation seinen Schnauzbart und Klaus, der Glückspilz, wurde von der chinesischen Delegation nach China eingeladen. Datum noch offen. Na, denn, weiter so!
Klaus Schmelzer Sigambrerstr. 12 45665 Recklinghausen
Telefon : 0049 2361 83522 Mobil : 0049 178 6147070
E-Mail: schmelzerklaus@web.de
(c) Zeitschrift TaubenMarkt/Die Sporttaube, Autor: Adalbert Scheele