Im APRIL 2018 – von Dr. Peter Boskamp…
Probiotika, Präbiotika und Antibiotika
Die wichtigste Funktion der Verdauung- vom Schnabel bis zur Kloake- ist die Verdauung und Absorption der Nahrung, die Aufnahme der Nährstoffe und die Ausscheidung der Abfallstoffe. Darüber hinaus befindet sich ein wichtiger Teil des Immunsystems im Magen-Darm-Trakt. Der Magen-Darm-Trakt wird von einer großen Anzahl unterschiedlicher Bakterienarten und Schimmelpilzen bevölkert. Im Laufe der Evolution erwies es sich für sowohl den Wirt- uns- als auch für die Bakterien als sehr nützlich, zusammen zu leben und zu kooperieren. Im Gegenzug für die idealen Bedingungen in Bezug auf Wärme und Feuchtigkeit sorgen die Darmbakterien dafür, dass der Wirt nützliche Stoffe erhält, die ihm helfen, gesund zu bleiben. Somit haben beide Parteien einen gegenseitigen Nutzen. Die Gesamtheit aller Darmbakterien ist die Darmflora. Die Darmflora ist von großer Bedeutung für die Gesundheit der Taube. Die Darmflora verdaut das Essen. Dadurch ist auch die Bildung von Wirkstoffen sichergestellt, die für die Gesundheit der Taube wichtig sind. Bei der Verdauung entstehen neben den Abfallstoffen auch Stoffe, die die Taube benötigt, wie zum Beispiel Vitamine- zum Beispiel Vitamin B12 und Vitamin K- und organisch gebundene Mineralien. Da das Immunsystem immer in Kontakt mit der Darmflora ist, bleibt es stets wachsam gegenüber Krankheitserregern. Dies ist vor allem während des Wachstums wichtig für Tauben. Wenn die Jungtiere zu früh und unnötig Antibiotika erhalten, wird die eigentliche Funktion des Immunsystems künstlich übernommen. Infolgedessen entwickelt sich das Immunsystem nicht zur vollen Reife. Dies ist einer der Gründe, warum es besser ist, junge Tauben eine Reihe von Kinderkrankheiten durchleben zu lassen. Die Produktion der körpereigenen Widerstandskräfte wird angeregt und macht sie eher stärker als schwächer. Durch angesäuerte Kräutertrunks wird verhindert, dass diese Kinderkrankheiten zu stark werden und eine medikamentöse Behandlung notwendig wird. Darüber hinaus begünstigen diese Kräutertrunks für gewöhnlich die guten Darmbakterien, was sie stärker macht und sie somit die Krankheitserreger besser bekämpfen können.
Wenn das Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Mikroorganismen gestört ist, entwickelt sich eine bakterielle Dysbiose- ein Überschuss von einer oder mehreren Bakterien mit weniger günstigen Eigenschaften. Dies kann zum Beispiel durch eine Infektion, das Eindringen und die Vermehrung von pathogenen Mikroorganismen verursacht werden. Die Darmflora besteht aus permanenten Bewohnern- der residenten Flora- und auch aus Mikroorganismen, die mit der Zeit in den Magen-Darm-Trakt gelangen und diese verlassen- die transiente Flora.
In der gesunden Darmflora besteht ein Gleichgewicht zwischen den sogenannten Symbionten- Bakterien mit gesundheitsfördernden Eigenschaften, wie dem Lactobacillus, den Kommensalen. Bakterien, die keine gesundheitsfördernden Eigenschaften besitzen, aber auch keine pathogenen Eigenschaften- und Pathobionten-; potentiell pathogenen Bakterien. Bei einer Dysbiose nimmt die Anzahl der Symbionten ab und die Anzahl der Pathobionten nimmt zu. Dies führt zu einer Störung der Verdauung und aktiviert das Immunsystem. Die Dysbiose kann die Barrierefunktion des Darms gegen Eindringlinge reduzieren und dadurch die Resistenz gegen Infektionen reduzieren.
Probiotika fördern eine gesunde Darmflora. Mit Probiotika meinen wir einfach die „guten“ Darmbakterien. Dies sind Bakterien, die in einem gesunden Darm ausreichend vorhanden sind. Üblicherweise gehören sie zur Gruppe der Milchsäurebakterien, wie dem Lactobacillus. Probiotika bleiben im Allgemeinen vorübergehend im Magen-Darm-Trakt. Sie sind Symbionten, die selbst positive gesundheitliche Auswirkungen haben und den dauerhaften Bewohnern- den ansässigen Symbionten- dabei helfen, die potenziellen Krankheitserreger wieder aufzufangen. Im Falle einer Dysbiose tragen sie daher zur Wiederherstellung des Gleichgewichts bei.
Will man die volle Wirkung eines Probiotikums haben, muss man es über einen längeren Zeitraum einnehmen.
Probiotika verbessern das bakterielle Gleichgewicht im Darm und tragen dazu bei, das Risiko einer Besiedlung pathogener Bakterien zu verringern. Sie tun dies unter anderem, indem sie mit diesen Bakterien um die Nährstoffe und die Stellen der Darmwand konkurrieren, an denen sich Bakterien festsetzen können. Aber sie produzieren auch Substanzen, wie organische Säuren, die unerwünschte Mikroorganismen abwehren oder abtöten. Diese organischen Säuren sorgen dafür, dass der pH-Wert des Darms mit 6,5 eher sauer bleibt. Im Kropf liegt der pH-Wert bei etwa 4,5 und im Magen etwa bei 2,5. Sobald eine Infektion auftritt, wie zum Beispiel die Jungtierkrankheit, steigt der pH-Wert des Darms. Durch Probiotika wird diesem Prozess entgegengewirkt. Verabreicht man dann zusätzlich noch einen angesäuerten Kräutertrank, wird der negativen Wirkung einer Infektion noch besser entgegengewirkt.
Das vollständige Zusammenspiel der guten Darmbakterien sichert und unterstützt den Darmtrakt so, dass sich pathogene Bakterien weniger wahrscheinlich an die Darmzellen anheften. Und gerade dies ist für die Entwicklung von Krankheiten von großer Bedeutung. Die verschiedenen Darmbakterien arbeiten so zusammen, dass im Darm die bestmögliche Milieu entsteht, von der jede Art bestmöglich profitiert. Die Abfallprodukte des einen Typs sind wiederum die Nährstoffe der anderen Art. Zum Beispiel gibt es Bakterienspezies, die in der Lage sind, bestimmte Fasern abzubauen. Und die freigesetzten Stoffe werden wiederum von anderen Bakterien als Nährstoffe genutzt.
Durch die Bereitstellung der guten Darmbakterien werden sich diese an Orten festsetzen, die von pathogenen Bakterien schwieriger besetzt werden können. Es ist klar, dass, wenn die pathogenen Bakterien nicht gut an der Darmwand haften können, die Abwehr der Tauben nicht überlastet wird. Dann kann mehr Energie in die Entwicklung des Taubenkörpers selbst fließen.
Durch Probiotika ist die Menge der schädlichen Bakterien begrenzt, die sich sonst an der Darmwand festsetzen können. Das trägt auch zum Wachstum des Immunsystems der Taube bei. Dies kann daher auf Angriffe schädlicher Bakterien im spätere Leben angemessen reagieren.
Bestimmte Probiotika helfen auch dabei, die Barrierefunktion der Darmwand zu verbessern, wodurch die Wahrscheinlichkeit verringert wird, dass pathogene Bakterien durch die Darmwand gelangen und in die Lymphknoten und an andere Orte gelangen, wo sie Entzündungen hervorrufen können.
Probiotika tragen also zur Verbesserung des Immunsystems im Darm bei. Das angeborene und erworbene Immunsystem wird verbessert und Entzündungsreaktionen werden verlangsamt.
Sie können auch bei der Produktion kleinerer Mengen von Vitamin K, Vitamin B12 und kurzkettigen Fettsäuren helfen. Letztere sind gut für die Gesundheit des Darms. Sie fördern sowohl die Teilung der Epithelzellen als auch die Schleimproduktion der Darmzellen. Und diese Säuren sind gut für die Darmperistaltik- den Stuhlgang. Probiotika helfen zudem bei der Beseitigung von Toxinen im Darm.
Probiotika werden daher eingesetzt, um die Dysbakteriose- das Ungleichgewicht, das nach einer Antibiotikabehandlung auftreten kann- zu reduzieren. Sie können aber auch vorbeugend zur Unterstützung und Stärkung der Darmflora eingesetzt werden. Probiotika unterstützen auch das Immunsystem und die Verdauung.
Bei leichtem Durchfall der (jungen) Tauben kann man ebenfalls Probiotika einsetzen, auch in Kombination mit angesäuerten Kräutertrunks; statt direkt zu Antibiotika zu greifen. In vielen Fällen, in denen die Infektion nicht zu stark ist, hat dies an sich eine stabilisierende Wirkung auf den Durchfall. Der Vorteil ist, dass die Darmflora nicht weiter gestört wird, wie beim Einsatz von Antibiotika; durch Antibiotika werden auch die guten Darmbakterien abgetötet. Antibiotika verlängern oft unnötig die Erholungszeit der Darmflora. Die Dosierung der Probiotika kann in diesen Fällen besser verdoppelt werden.
Jede Tierart- und auch der Mensch- hat ihre eigenen artspezifischen Probiotika. Es gibt daher Unterschiede zwischen den verschiedenen Tierarten im Hinblick auf die Bakterienstämme. Die tiereigenen Probiotika werden besser „anschlagen“. Zum Beispiel werden Probiotika eines Hundes weniger gut bei einem Menschen wirken und umgekehrt. Jede Tierart hat ihre eigenen guten Bakterienstämme. Darüber hinaus haben neuere Forschungen gezeigt, dass tierartenfremde Probiotika das Immunsystem des Benutzers stärker anregen, als die eigenen Probiotika. In der Tat zeigen neuere Forschungen Unterschiede zwischen den Arten und den Auswirkungen von „fremden“ Probiotika auf das Immunsystem des Wirts. Das ist der Hauptgrund dafür, dass meine Präferenz bei artspezifischen Probiotika liegt. Bei Tauben wirken die Laktobazillen und Enterokokken besonders gut.
Der Ausgangspunkt für den Einsatz von Probiotika ist die Anregung einer gesunden Darmflora, die wiederum zu einem optimal funktionierenden Darm führt. Und auf diese Weise zu einem besseren Gesundheitszustand des Wirts, in unserem Fall sind das die Tauben.
Präbiotika
Präbiotika sind Bestandteile von unverdaulichen Nahrungsmitteln. Diese stimulieren selektiv das Wachstum und/ oder die Aktivität von einer oder mehreren Bakterienarten im Dickdarm und fördern dadurch die Gesundheit des Wirtes.
Dies sind Nährstoffe wie FOS (Fructo-Oligosaccharide) und Ballaststoffe wie Inulin, Pektin und Psylium. Die Probiotika gedeihen besser, wenn genügend Präbiotika vorhanden sind.
Antibiotika
Antibiotika benötigen eigentlich keiner weiteren Erläuterung. Jeder Taubenliebhaber kennt und benutzt sie- meist zu oft. In diesem Zusammenhang ist es besonders wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Verwendung von Antibiotika nicht nur die pathogenen Bakterien abtötet, sondern auch die guten Bakterien, die die Darmflora unterstützen. Dies sollte immer beim Einsatz von Antibiotika im Hinterkopf behalten werden. Untersuchungen des Mikrobiologen Professor Martin Blaser haben ergeben, dass bei jeder Antibiotikabehandlung drei Bakterienarten endgültig aus dem Darm verschwinden und nicht mehr zurückkehren. Die Forschung zeigte auch, dass die Erholung der Darmflora nach einer Antibiotika-Behandlung vom Einsatz prä- und probiotischer Präparate profitieren kann. Wählen Sie ein solches Präparat mit mehreren Bakterienspezies, wie Lactobaccillus acidophilus, Lactobacillus casei, Bifidobacteria longum, Enterococcus faecium und Lactococcus lacti. Die Forschung zeigt auch, dass es nützlich ist, Probiotika während und nach einer antibiotischen Behandlung bereitzustellen. Es ist jedoch ratsam, mindestens zwei Stunden nach der Verabreichung der Antibiotika zu warten, bevor die Probiotika verabreicht werden.
Übermäßiger Gebrauch von Antibiotika trägt zur Störung des empfindlichen Gleichgewichts bei, das zwischen den verschiedenen Bakterien der Darmflora besteht. Häufig kann eine solche Störung die Ausbreitung von Candida albicans und anderen Schimmelpilzarten ermöglichen. Dies kann der Beginn eines Teufelskreises sein, in dem man versucht, enttäuschende Leistungen mit antibiotischen Gift zu verbessern. Anfangs scheint das zu funktionieren. Doch nach der Behandlung kommen die Probleme schnell wieder zurück, in Form einer Überwucherung des Schimmelpilzes. In vielen Fällen ist es besser, sicherzustellen, dass sich die Darmflora erholen kann.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass eine gesunde Darmflora für das reibungslose Funktionieren des Immunsystems von großer Bedeutung ist. 70% der körpereigenen Abwehr befindet sich in der Darmwand. Die Unterstützung einer guten Darmflora kann die Grundlage für ein besseres Funktionieren des Immunsystems sein. Zu diesem Zweck können- vorzugsweise artspezifische- Probiotika verwendet werden. Besonders während und nach einer Antibiotikabehandlung können diese die Genesung der guten Darmbakterien unterstützen. Aber sie haben nicht nur eine positive Wirkung bei einer Antibiotikabehandlung. Auch während der Mauser- und Brutzeit und anstrengenden Flugphasen kann es ratsam sein, regelmäßig gute Probiotika zu verabreichen. Mehr als 30 Jahre Praxiserfahrung zeigen, dass die regelmäßige Zufuhr von Probiotika zusammen mit einem angesäuerten Kräutertrank das Wachstum der körpereigenen guten Darmflora anregt. Auf diese Weise trägt es zur Erhaltung einer natürlichen Gesundheit bei.
Viel Erfolg
Peter Boskamp
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